INHALT: Julian ist von der Schule verwiesen worden, weil er gemein zu einem Mitschüler war und kämpft gerade darum, an seiner neuen Schule dazuzugehören. Um ihm zu zeigen, wie Mitgefühl gegenüber anderen ein ganzes Leben ändern kann, erzählt ihm seine Großmutter Sara ihre eigene Geschichte: Als sie sich als Jüdin im von den Nazis besetzten Frankreich verstecken muss, hilft ihr ein Schulkamerad. Er riskiert für Sara alles, obwohl er von ihr in der Schule wegen seiner Behinderung stets gemieden wurde.
.
REZENSION: Zu aller erst: Wieder ein Trailer der viel spoilert. Ich habe deshalb – für alle die informiert sein möchten aber nicht voreingenommen – diesen Artikel in zwei Teile unterteilt: Einen zum Lesen für vorher, einen zum Lesen für nachher.
Vor dem Sehen lesen!
Dieser Film war eine nette Geschichte über die Beziehung zwischen zwei Kindern zurzeit von Vichy Frankreich – als die Nazis Kontrolle über das Land auszuüben begannen. Es geht darum wie sich langsam der Alltag verwandelt bis man irgendwann dazu angehalten ist, Entscheidungen zu treffen.
Ich habe mich sehr unterhalten gefühlt durch den Film hinweg und auch wenn ich in der “Nach dem Sehen lesen” noch etwas Kritik für den Film übrig habe so bin ich doch der Meinung, dass er sehr sehenswert und spannend ist. Man kann hin und wieder das ein oder andere vorher sehen aber es stört nicht weiter meiner Meinung. Es gibt zwar hin und wieder einige Moment wo das Wetter ein seltsames Eigenleben erhält (mit Szenen im Schnee und im Frühling die sich zur gleichen Zeit abspielen) aber ansonsten ist der Film technisch sehr gut umgesetzt – gute Kamera Arbeit und Lichtsetzung, nichts am Ton auszusetzen. Die Musik hier und da etwas “dick” aber das ist nicht weiter tragisch den die schauspielerische Leistung holt das wieder heraus. Man sieht Helen Mirren zwar nicht sehr oft aber dafür sind die Kinderschauspieler eine ausgezeichnete Besetzung. Ich war sehr beindruckt.
Ich kann diesen Film denen empfehlen die etwas rührendes schauen möchten, die sich nicht zu sehr in den Film verkopften und über kleinere Dinge wie den ein anderen CGI Wolf hinweg sehen können und die sich mit dieser dunklen Zeit im 20igsten Jahrhundert mehr befassen möchten.
Bitte folgendes erst nach dem Sehen lesen!
Dieser Bereich enthält viel Kritik aber ich möchte betonen das auch wenn ich mit dem Film einen Vogel zu rupfen habe denke ich doch dass er sehenswert ist.
METASTRUKTUR:
Einer der Dinge die mich beim Zusehen gestört hat war das Struktur der Geschichte recht absehbar war. Dinge die vorbereitet wurden konnten beobachtet werden und Dinge geschahen in der Regel so wie die vorbereiteten Dinge andeuteten. Dadurch – zumindest für mich – viel der Schleier der Hyperrealität mehrfach und ich wurde mir sehr darüber bewusst dass ich nicht in eine andere Welt hinein blickte sondern mich im Kinositz befand und einen Film sah.
Zur selben Zeit war sich der Filmemacher durchaus bewusst was er mit jedem Moment dramatisch anstellen wollte zu dem Punkt wo es sehr offensichtlich wurde. Das drückte sich dann öfters in einer sehr dramatischen Musik oder Spiel aus. Ich bin dabei bei weitem kein Arthaus Liebhaber der den Filmemacher dazu zwingen möchte dass alles wichtig nur unter der Oberfläche sich abspielt. Aber ich würde doch sagen das wenn dieser Film ein Baby mit “The Zone of Interest” gehabt hätte – etwas distanzierter, etwas brutaler “gewöhnlich” – er einen stärkeren und authentischeren Effekt hätte haben können.
NAZIS:
Ich hab auch noch einen anderen Vogel mit dem Film zu rupfen: Ich bin bei weitem kein Expert des 3ten Reichs oder totalitärer Regime generell aber ich habe Einiges gelesen und hatte das Gefühl, das hier eine Chance verpasst wurde. So wie das öfters mit Nazis gemacht wird werden sie wie die Wolfenstein oder Indiana Jones Papp Figuren dargestellt die “Wer Böse ist tut Böses”. Ich bin mir jetzt natürlich nicht sicher wie das in Frankreich so war. Aber wenn die Berichte im Gerichtsverfahren das in dem Buch “Ordinary Men – Police Battalion 101” ausgeführt wurden Vertrauen zu schenken ist so waren die Missionen nach Ghettos und Jüdische Städte kein Picknick für die Besatzer die oft heftig dabei tranken um darüber hinweg zu kommen was sie da taten, die Gelegenheit ergriffen wenn möglich sich aus der Pflicht zu ziehen aber dann doch dort blieben – aber mehr aus dem Pflichtgefühl nicht den Kameraden die “Drecksarbeit” machen zu lassen. In “Human Kind” beschreibt Rutger Bergman das im zweiten Weltkrieg Soldaten überwiegend nicht für das “3te Reich” kämpften sondern um die Freunde links und rechts vom Tod zu schützen – ein Sentiment was sich überall wiederfindet selbst in solchen Filmen wie “Black Hawk Down”. Natürlich gab es die Waffen SS die so fanatisch war das die Wehrmacht sich gelegentlich mit den Alliierten gegen diese Verbündete (siehe Schlacht um Schloss Itter). Der Grund warum mir das alles so aufstößt ist das es “das Böse” so einfach macht. Diese Menschen sind böse, diese sind gut. Was mir auch aufstößt ist das Leute nicht die Epoche recherchieren über die sie Filme machen. In dem wir “Nazis” zu ideologischen einzelligen Organismen machen nehmen wir die Realisierung das “ein Nazi” nicht so weit von uns entfernt ist wie wir uns das gerne vorstellen. Es würde uns dazu zwingen gelegentlich unangenehm berührt unser eigenes Herz nach den Schatten darin zu begutachten – aber daran ist der Film nicht interessiert. Er spricht darüber wie einfach Hass ist ohne sich die Mühe zu machen zu zeigen wie jemand das Hassen lernt – das ist zwar nicht notwendiger Weise Teil des Charakters der Protagonisten aber es ist Bestandteil der Textur des Antagonisten und wie wir wissen ist ein guter Antagonist eines der wichtigsten Elemente eines gelungen Films.
Es gibt das Sprichwort im Englischen das es gut beschreibt: “You have to make complicated things simple but not simpler than simple!” Du musst komplizierte Dinge vereinfachen aber nicht einfacher machen als einfach … denn sonst verliert man die Essenz dessen was das Ding ausmacht.
Nach all der Kritik an der Stelle muss ich aber loben: Ein sehr interessanter und soweit ich das absehen kann auch realistischer Konflikt in der Familie bezüglich des Verlassens von Frankreich. Die Mutter möchte das Haus nicht aufgeben und hofft die Dinge wieder zurück zum normalen gehen, der Vater hingegen hat schon mit der Zukunft abgeschlossen (und überlebt auch am Ende). Wann ist der richtige Punkt zu gehen und alles aufzugeben um einfach nur zu überleben? Viele Juden in ganz Europa haben zu lange mit der Entscheidung gewartet – und das dritte Reich hat viele von Ihnen verschlungen. Eine Tragödie die finde ich durch den Tod des Jungen und der Mutter äußerst gut eingefangen wurde.
EINE KLEINE KOLLEKTION WEITERER KRITIKPUNKTE:
Fazit
Ich finde den Film generell gut gelungen aber denke auch dass an Stellen wie zum Beispiel der historischen Darstellung etwas Potenzial verloren gegangen ist. Ein gut gemeinter Film, ein paar Dinge die “ich anders gemacht” hätte aber in großen und ganzen eine kompetente Produktion und ein unterhaltsamer Film.
.
Kinostart: 11. April 2024
.
Die Bewertung zum Film wurde von Jonas David geschrieben. Der den Film am 05. März 2024 in Köln sah.
.