INHALT: Artemis und ihre Militäreinheit entdeckt ein Portal, das zu einer alternativen Welt führt, in der Jäger gegen gigantische Monster kämpfen. Zwei Gruppen müssen zusammenarbeiten, um das Portal vor den Monstern zu beschützen.
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BEWERTUNG: Der neue Film von High-Budget-Schlock-Meister Paul W. S. Anderson hat im Grunde genommen alle Eigenschaften, die man von seiner bisherigen Filmografie gewohnt ist, aber stellt an bestimmten Stellen dennoch neue Rekorde auf.
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Vorweg möchte ich sagen, dass ich kein Hardcore-Fan der Videospielreihe „Monster Hunter“ bin, auf der dieser Film beruht. Ich habe selbst nur einen Teil ausgiebig gespielt und kann daher keinen umfassenden Vergleich zwischen den Spielen und dem Film ziehen. Was ich aber sage kann ist, dass die Spiele nicht beinhalten, dass ein Individuum aus „unserer“ Welt per Sandsturmportal in eine fremde Welt gelangt und sich dort unter den Monstern behaupten muss, während gleichzeitig eine neue Bindung zwischen den indigenen Völkern und der (in diesem Film) Heldin etabliert wird.
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Das ist das Grundkonzept der Geschichte des Films und hier macht sich schon breit, was leider den ganzen Film begleiten wird. Ein wirklich schlechtes Drehbuch.
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Von Beginn an, ist mir nicht ersichtlich, warum es für eine gute Idee gehalten wurde, eine „Fish out of Water“-Story aus dem Konzept eines Spiels zu machen, in dem es darum geht, diverse Monster zu jagen, zu töten und aus den gewonnenen Materialien neue Waffen und Rüstungen zu schmieden um größere, fiesere Monster zu jagen und zu töten. Denn, so viel kann ich vorwegnehmen: Diese „diversen“ Monster gibt es nicht. Im gesamten Film kommen lediglich zwei Monster in größerem Umfang vor, die aus den Spielen bekannt sind. Und der Kampf mit diesen steht bei weitem nicht im Vordergrund.
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Vielmehr, und damit kommen wir zum großen Problem der Geschichte, die neue Berührung zwischen der, von Milla Jovovich gespielten Soldatin des US-Militärs, Artemis und dem indigenen Bewohner der „neuen“ Welt. Dem, von Tony Jaa gespielten, Hunter.
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Warum ist das jetzt aber ein Problem? Fish out of Water Stories gibt es zu Hauf.
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Das ist so und es gibt immer wieder den auffälligen Kritikpunkt des White Savior Complex‘, der auch hier in ganz abstruser Weise greift.
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White Savior Complex bedeutet so viel wie die Notwendigkeit einer okzidentalen Hauptfigur, um die indigene Bevölkerung einer „anderen“ Welt zu retten. Einer Welt in der die indigene Bevölkerung heimisch ist und die sie besser kennt, als jeder außenstehende.
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Viele Tropes dieser Storystruktur sind auch in diesem Film zu finden. Hier vielleicht unnötiger und gefährlicher, als ich es jemals zuvor erlebt habe.
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Der Kern der Videospielvorlage ist eine in sich abgeschlossene Welt, die ihre eigenen Regeln hat und keinen Hinweis auf eine Verbindung hin zu unserer Welt gibt, abgesehen davon vielleicht, dass die Spielfiguren ebenfalls menschlich sind. Diese Welt mit unserer zu verbinden um ein „Othering“ hervorzurufen ist weder vom Kontext der Spiele her sinnvoll, noch erzeugt es einen erstrebenswerten Effekt. Othering bezeichnet in diesem Kontext die Absetzung „unserer“ Welt (Die Welt der Protagonistin) von der „neuen“ Welt, indem sie als neu und fremdartig klassifiziert wird. Das wird hier leider durch den Gebrauch deutlich veralteter und in diesem Kontext eher unangebrachter Stereotypen umgesetzt.
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Der Effekt ist derselbe wie bei sämtlichen anderen Fish out of Water Storys: Ein unterschwelliger/unbewusster Rassismus.
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Ich werfe mit diesem Begriff bei weitem nicht leichtfertig umher und bin mir auch durchaus bewusst – und das möchte ich an dieser Stelle besonders betonen – , dass dies wahrscheinlich zu keiner Zeit die Intention der Filmemacher war. Wahrscheinlich eher das genaue Gegenteil. Ich glaube, die Idee hinter der Inkludierung eines diversen Casts ist sehr ehrenhaft, aber in der Umsetzung leider viel zu veraltet, wie ich finde – insbesondere, weil es um einen fiktionalen Zusammenstoß geht, der eigentlich von der Menschheits- und Kolonialgeschichte losgelöst betrachtet werden könnte. Deutlich wird hier leider lediglich ein gewisser Mangel an Reflexion. Im Folgenden werde ich erklären warum: Der Großteil des Films spielt sich zwischen Hunter und Artemis ab, die gestrandet auf einer Monsterinsel in einem Wüstenmeer festsitzen. Die Insel zu verlassen wird von einem der beiden aus den Spielen bekannten Monstern, welches ich hier nicht Spoilern möchte, verhindert. Nun liegt der Fokus auf dem „bekannt machen“ von Artemis und Hunter und ihrer Zusammenarbeit um das Monster zu bezwingen. Ich gebe hier einmal zu bedenken, dass Artemis eine weiße Frau ist und Hunter eine thailändische Ethnie besitzt. Jetzt könnte man denken: „Oh wie cool, dass eine große Hollywood Produktion einen thailändischen Schauspieler mit ins Zentrum rückt.“ Und fürwahr, es waren bestimmt die besten Absichten dabei und Tony Jaa gibt eine wundervolle Performance. Leider ist diese Performance von einer Verkörperung des Otherings durchzogen.
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Hunter spricht eine eigene Sprache. Okay. Hunter kennt Schokolade nicht. Okay. Hunter weiß, wie man in seinem Heimatland überlebt. Okay.
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Objektiv betrachtet ist das alles okay. Jedoch darf nicht vergessen werden, welchen Blick wir verfolgen. Einem deutlichen Okzident.
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Hunter ist komisch, weil er eine eigene Sprache spricht und dadurch kommt es zu „komischen“ (im Sinne von lustigen) Situationen in der Verständigung. Hunter frisst die Schokolade, die ihm gut schmeckt, wie ein wildes Tier, das gefüttert wird. Hunter weiß, wie er naturgebunden lebt und ist nicht auf die modernen Waffen angewiesen, die Artemis mitbringt, sondern kämpft lieber mit Pfeil und Bogen und Schwertern. Auf einmal wirkt die Prämisse weder unschuldig, noch moralisch vertretbar.
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Ganz verrückt wird es, wenn der einzige Charakter, in dieser „neuen“ Welt, der noch ein bisschen mehr Screentime als einen plötzlichen, lieblosen Tod bekommt, von Ron Perlman gespielt wird, der als einziger in dieser „neuen“ Welt die Sprache von Artemis beherrscht. Warum, möchte ich hier nicht Spoilern.
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Ergo haben die großen Weißen Rollen eine Möglichkeit sich direkt zu verständigen, während Hunter und Artemis auf eine Sprachbarriere stoßen.
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Natürlich lernt Artemis auch in Windeseile den perfekten Umgang mit magischen Waffen, die sie vorher noch nie berührt hat. In Windeseile wird sie der entscheidende Faktor zur Bezwingung des Bösen in einer Welt, die nicht ihre ist. Ihr Name Artemis lässt zwar darauf schließen, dass sie ein Talent für die Jagd in die Wiege gelegt bekommen hat – Artemis ist die griechische Göttin von, unter anderem, der Jagd – aber in einer völlig fremden Umgebung mit völlig fremden Equipment in kürzester Zeit eine Meisterin mit selbigem zu werden, ist weit hergeholt.
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Und ganz unfassbar wird diese Situation, wenn wieder in Betracht gezogen wird, dass all diese Probleme auf einer bewussten Entscheidung des Drehbuchautoren/Regisseurs zurückzuführen sind, die gar nichts mit der Vorlage der Spiele zu tun hat.
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Damit hat Paul W. S. Anderson, meiner Ansicht nach, dem Film sein eigenes Grab geschaufelt.
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Dieser Film ist ein Mahnmal für das, was im Okzidentalkino als „woke“ betrachtet wird.
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Es sollte nicht darum gehen durch Quantität eine Gleichberechtigung in der Filmindustrie zu schaffen, sondern durch Qualität.
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Menschen mit nicht-weißer Hautfarbe werden zu oft noch durch ihren Kontrast zu Weißen eingebunden. Dadurch gibt es keine Gleichberechtigung, sondern eine andere Form der Diskriminierung. Wenn andere Ethnien als Weiße nur in ihrem Bezug zu selbiger charakterisiert werden, kommt der Gedanke auf, dass Gleichberechtigung nur oberflächlich erkannt aber bei weitem noch nicht verstanden wurde.
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Daneben kommt mir der generelle Ton des Drehbuchs, das mit billigen Macho-Sprüchen und unangenehmem Dialog versetzt ist, und der unübersichtlich hektische Schnitt als gar nicht mehr gravierend vor.
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Das soll jetzt alles aber nicht heißen, dass der Film gar keine Qualitäten mitbringt.
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Die Schauspieler sind passioniert dabei. Tony Jaa besonders, wie oben schon erwähnt, gibt eine faszinierende Performance. Milla Jovovich kann für meinen Geschmack immer wieder auf der Leinwand Monstern in den Hintern treten. Da ist sie einfach gut drin.
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Die Monster sind detailverliebt designt. Das CGI ist an den wichtigen Stellen wirklich gut und auch in den schwächeren Momenten nie wirklich schlecht.
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Die Welt von Monster Hunter wirkt mythisch, groß und spannend. Es ist eine Schande, dass nicht mehr Fokus darauf gelegt wurde.
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Die Waffen und Rüstungen bis hin zum, in der Spielvorlage so wichtigen, Grillequipment sind detailgetreu dargestellt und schaffen es immer wieder Momente hervorzurufen, die zeigen, was möglich gewesen wäre. Es ist eine Schande, dass all dies im westlichen Blick und einem schlechten Drehbuch davon gespült wird und ein so bitterer Geschmack bei mir geblieben ist.
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Mein Appell an Paul W. S. Anderson – hätte ich die Gelegenheit ihm das vorzutragen – wäre, dass er einen Schritt vom „weißen Blick“ zurückmachen sollte.
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Ich gebe dem Film an dieser Stelle keine Wertung. Im Kontext dieser Review würde sich das falsch anfühlen.
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Ich kann leider nicht sagen, dass ich finde, der Film verdient eine Unterstützung vom Publikum. Trotzdem habe ich Sorge, dass genau in dem Moment, in dem das Publikum diesen Film nicht sieht, das auf die Integrierung des wirklich tollen Tony Jaa als second lead zurückgeführt wird und der Fokus nicht auf die zugrundeliegende Problematik gelangt.