INHALT: Miles Morales kehrt für das nächste Kapitel der Oscar®-gekrönten Spider-Verse-Saga, SPIDER-MAN: ACROSS THE SPIDER-VERSE, zurück. Nach seiner Wiedervereinigung mit Gwen Stacy wird Brooklyns freundliche Spinne aus der Nachbarschaft, nun als Vollzeit-Spider-Man, quer durch das Multiversum katapultiert, wo er auf ein Team von Spider-People trifft. Ihre Aufgabe ist es, die Existenz des Multiversums zu schützen. Doch als die vielen Helden über die Frage, wie sie mit einer neuen Bedrohung umgehen sollen, aneinandergeraten, muss Miles gegen all die anderen Spinnen antreten und neu definieren, was es bedeutet, ein Held zu sein. Auch, damit er die Menschen retten kann, die er am meisten liebt.
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REZENSION: „Spiderman: Across the Spiderverse“ ist der neueste Kinorelease aus dem Hause Marvel. In dem Nachfolger zum Animations-Hit „Spiderman: A New Universe“ wird die Geschichte des jungen Miles Morales weitererzählt, der sich einer neuen Multiversums-Bedrohung ausgesetzt sieht und dabei mit Wahrheiten über sich konfrontiert wird, die ihn seine Position im Spiderman Kanon grundsätzlich überdenken lassen.
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Der erste Teil des Zweiteiler-Films von Joaquim Dos Santos, Kemp Powers, Justin K. Thompson (Regie) und Phil Lord, Christopher Miller sowie David Callaham (Drehbuch) lässt in seinen 135 Minuten ein derartiges Effekt- und Animationsfeuerwerk auf das Publikum los, dass sich mein Gehirn beim schauen mehrfach vor einem Kabelbrand retten musste.
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Ich stehe dem Film, nachdem ich eine Nacht drüber geschlafen habe, sehr zwiegespalten gegenüber und werde mal versuchen, meine Gedanken in Worte zu fassen. Zuallererst nutzt der Film seine Möglichkeiten als Animationsfilm mit Elementen aus diversen Comic-Iterationen Spider-Man’s im ziemlich maximalen Umfang aus. Wenn wir in verschiedene Multiversen eintauchen, dann haben die immer ihren eigenen Animationsstil, der teilweise gravierend anders ist als der des „Roten Fadens“. Wo zum Beispiel Miles‘ Multiversum einen doch recht naturalistischen und leicht nachvollziehbaren Stil fährt, den es zum Erhalt der Orientierung braucht, gibt es andere in denen sich die Farben wie auf einem Ölgemälde verwaschen, Szenen nahtlos ineinander übergehen oder mit ganz anderen Formen des Filmemachens gearbeitet wird. Um nichts vorwegzunehmen, halte ich mich hier bewusst kryptisch. Es ist bemerkenswert, wie jeder Stil es geschafft hat, mein Interesse zu halten und ich nie in die Position kam, innerhalb von Action-Segmenten meine Orientierung zu verlieren. Sowas habe ich noch nie erlebt. Allein für die visuelle Umsetzung und das Spielen mit diversen Stilen verdient der Film ein Kino-Ticket. Hier wurde wirklich etwas Grandioses und von mir noch nie zuvor gesehenes geschaffen.
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Das Problem an der Geschichte ist, dass der Film kaum Zeit zum Luft holen lässt. Wenn etwas passiert, dann passiert so viel gleichzeitig, dass mein Schädel ins rauchen kam. Dann werden hier Texte eingeblendet, die viel zu kurz zu sehen sind, die Kamera fährt waghalsigste Manöver, da explodiert etwas, hier eskalieren die Effekte, alles ist bunt und laut und wild und der Dialog geht manchmal akustisch schon unter. Nicht dass das ein großes Problem wäre, aber dazu später mehr. Die Momente, in denen der Film Zeit zum Atmen gibt, sind rührend, wunderschön und dennoch visuell so anspruchsvoll, dass, um überhaupt zu verstehen, was vor sich geht, der Kopf sich weiter verdrehen muss. Ergo gibt es keinen richtigen Moment der Entspannung und kurze Zeit später explodiert der Bildschirm wieder in einem Feuerwerk, das seinesgleichen sucht. Für mich grenzt das an eine massive Reizüberflutung und trotzdem wollte ich nicht wegschauen, weil alles so genial und schön ist.
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Das einzige, wo ich wirklich sagen kann, dass mich das nicht besonders abgeholt hat, war der Humor. Leider fällt auch dieser Film dem „Kommentierungs-Humor“ zum Opfer, der im Moment im Übermaß eingesetzt wird. Aktionen/Handlungen/Momente werden nicht stehen gelassen und dadurch witzig, sondern der Witz soll erzwungen werden, indem irgendein Charakter drauf zeigt und sagt „Deswegen ist das lustig.“ Irgendein sarkastischer Kommentar vielleicht. Es wirkt beinahe so, als würden sich die Autor*innen selbst in ihrem Humor bestärken wollen; uns erkläre, warum das, was sie da schreiben lustig ist, damit sie auch ja nicht Gefahr laufen, dass ein Gag nicht ankommt. Ich glaube, das ist ein bisschen der Zeitgeist der Comedy, aber für mich persönlich hat das meistens nicht gezogen, sondern den Witz eher kaputt gemacht.
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Generell sind die Dialoge oft nicht sonderlich berauschend. Sogar in die Herz ergreifendsten Momente MUSS der ein oder andere Witz rein gezwängt werden. Bloß keine echten Gefühle aufkommen lassen. Das ist wirklich schade, denn mich persönlich haben vor allem die ruhigeren Momente durch ihre Bildsprache, die Dialoge und die Sprecher*innen wirklich stark berührt, bis wieder irgendwer einen Witz macht.
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Auch nochmal kurz zu den Sprecher*innen. Diese sind durch die Bank weg großartig in ihren Performances. Hier ist es leider schade, dass in der Mische des Sounds die Dialoge wohl nicht an erster Stelle standen. Wenn Action passiert, war es für mich im O-Ton manchmal schwer zu verstehen, was gesagt wurde. Nicht wegen des Englisch (obwohl ein Sprecher mit seinem Cockney-Dialekt für mich ab und an ein wenig schwer zu verstehen war; aber das liegt an mir) sondern wegen der Akustik.
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Um zusammenzufassen: Wer einen wirklich grandiosen Animationsfilm (mit Betonung auf die Animation) sehen will und sich bereit für eine Reizüberflutung fühlt, der kann dem Film bedenkenlos eine Chance geben.
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3,5 von 5 langsamen Plattformen.
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Kinostart: 01. Juni 2023.
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Die Bewertung zum Film wurde von Künstler, Autor und Theaterregisseur Arie Jaspers geschrieben, der den Film am 30. Mai 2023 in Köln sah.