INHALT: Als die schöne Marguerite de Carrouges, die Ehefrau des Ritters Jean de Carrouges, den Knappen Jacques Le Gris beschuldigt, sie vergewaltigt zu haben, trägt ihr Mann den Vorwurf König Charles dem Sechsten vor. Der König entscheidet, dass ein Duell der einzige Weg ist, um den Streit der Männer zu schlichten. Der Kampf wird das letzte legale Duell in der Geschichte Frankreichs und führt zur Aufdeckung einer Verschwörung.
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Unsere Rezension: „The Last Duel“ is das neueste historische Filmdrama von Regisseur Ridley Scott und bildet das letzte gesetzlich untermauerte Duel des französischen Mittelalters und die Umstände, die dazu geführt haben, nach. Des Weiteren bedeutet es eine Wiedervereinigung von Matt Damon und Ben Affleck sowohl im Drehbuch-Bereich, als auch vor der Kamera, wobei die beiden nicht als Opponenten im Duell antreten, wie es vielleicht vermutet werden könnte. Stattdessen stehen sich Adam Driver und Matt Damon gegenüber in ihrem Kampf um die Wahrheit und Ben Affleck übernimmt eine Nebenrolle im Gesamtkonstrukt.
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Die Geschichte wird aus drei Blickwinkeln mit jeweils eigenen Kapiteln erzählt. Zuerst folgen wir dem von Matt Damon gespielten Jean de Carrouges, dann dem von Adam Driver gespielten Jacques Le Gris und schlussendlich dem Dreh- und Angelpunkt der Geschichte, der Marguerite de Carrouges, verkörpert von Jodie Comer. Hierbei erweitert jedes Kapitel die Geschichte um den Blickwinkel der Erzähler*in und wirft nach und nach ein neues, sich änderndes Licht auf die Menschen und Situationen dahinter.
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Es brauchte für mich sehr lange, bis ich verstanden habe, worum es dem Film eigentlich geht. Die ersten zwei Kapitel scheinen eine sehr klassische Friends-become-Enemies Story zu erzählen, die durch ihr Setting, die Performances und die Regie glänzt, aber nichts grundlegend Neues bietet. Das liegt nicht zuletzt daran, dass der Zuschauer vor den Fakt gestellt wird, dass de Carrouges und Le Gris langzeitige Freunde seien. Es gibt keine Tiefe dahinter. Beide reden häufiger darüber, dass sie eine Vergangenheit haben, die sie zusammenschweißte, aber was genau es ist, welche Geschichte sie teilen, wird nicht mal angekratzt. Das nimmt dem Film direkt den tragischen Tiefgang, den die beiden Freunde in ihrem Werdegang hätten zeigen können und ist ein enormes, verschwendetes Potenzial. Der Gedanke, der dahinter steht, ist sehr sinnvoll und auch in gewisser Weise angebracht, aber nichtsdestotrotz, bleibt die Frage in den ersten beiden Kapiteln „Warum sollte mich das kümmern?“. Das ist leider ein sehr schlechter Anfang für so ein tragisches Duell.
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Und bis zum dritten Kapitel, dem der Marguerite, wurmte mich das zutiefst. Als mir dann aber klar wurde, worum es dem Film wirklich geht, hat dieses Wurmen zu einem Teil stark nachgelassen. Es ging nie um die beiden Männer. Von vorne herein erzähl „The Last Duel“ eine stark feministische Geschichte über die Rolle der Frau im Mittelalter. Ergo liegt der Fokus auch ganz klar bei der Marguerite, ob nun ihre Sicht der Dinge erzählt wird, oder die der beiden Männer.
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Und hier liegt letztendlich dann doch des Films größte Stärke. Im genial durchdachten Drehbuch. Im dritten Kapitel wird deutlich gemacht, dass es nie um die beiden Männer und deren Geschichte ging. Es ging immer um die Frau de Carrouges. Die Männer haben es zu ihrer Geschichte gemacht und der Marguerite damit den Platz genommen, der ihr zusteht.
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Das weiß der Film in seinem dritten Kapitel blendend zu verdeutlichen, öffnet dem Zuschauer damit retrospektiv die Augen und macht augenscheinliche Verfehlungen damit teilweise nichtig. Auf brutale Weise wird dem Punlikum vorgehalten, dass die Frau im mittelalter nicht als „Mensch“ betrachtet wurde. Sie war ein Objekt, das nur der Repräsentation des Mannes diente. Gerade im Nachgang der Me-Too Debatte und der glücklicherweise immer stärkeren Frauenrechtsbewegungen in unserer Zeit, zeigt dieser Film erschreckende Parallelen zum „heute“ auf und, ohne zu sehr mit dem Finger zu wedeln, schiebt er sich nach und nach unter die Haut des Punlikums und hinterlässt einen bleibenden Eindruck, wie eine Tattoo-Nadel.
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Der Film versteht es Vergangenes mit Heutigem zu mischen und dabei die Frau in den Mittelpunkt zu rücken. Den Platz, den sie in der hier erzählten Geschichte, von vorne herein verdient hätte.
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Zum handwerklichen sei gesagt, dass Ridley Scott schon lange im Geschäft ist und sich erneut seines Platzes als einer der einflussreichsten Regisseure unserer Zeit erwehrt. Er fängt eine tragische Romantik nicht nur in der Geschichte, sondern auch der Kulisse ein. Alles ist kalt und grau. Kahl und trist. Trotzdem weiß er das Mittelalter mit einer starken Melancholie und Sehnsucht zu versehen. Das letztere sind positive Aspekte, so traurig es auch klingen mag.
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Die Performances sind alle on point und passen zu den Rollen, die die Charaktere in der Message der Geschichte spielen. Besonders hervor sticht hier tatsächlich der von Ben Affleck gespielte Pierre. Ein Graf, der in Exzess und Gelüsten lebt und zeigt, dass Ben Affleck nicht nur ernste, distanzierte Menschen porträtieren kann. Er frisst jede Szene, in der er vorkommt und ist ein wunderbarer Gegenpol zu den sonst so ernsten und brutalen Bildern und Menschen in „The Last Duel“.
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Szenenbild, Kostüm, Sound: Alles Departments, die wunderbar bedient werden und abholen in eine Welt, in der nicht gelebt werden möchte, die aber in der Vorstellung sehr romantisch zu sein vermag.
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Als letztes möchte ich noch anmerken, dass ich nicht berechtigt bin zu sagen, wie historisch akkurat der Film ist. Ich nehme das, was mir geboten wird als Realität an und dies ist alles in allem sehr stimmig.
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Dieser Film setzt Feminismus nicht zum Selbstzweck ein, sondern bettet ihn in eine Geschichte über Menschen und nicht über Konzepte.
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4,5 von 5 blond gefärbte Ben Afflecks.
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Kinostart: 14. Oktober 2021. Weitere Informationen zum Film unter: